Im Gespräch mit:

Günther Knecht und
Lisa Elli Schmedemann

GKnecht ©BScholze
Günther Knecht ©BScholze

Günther Knecht ist eine Institution in Dietzenbach. Der 78-Jährige Hobbyhistoriker setzt alles daran, etwas von der Atmosphäre des früheren Dorfes für die Nachwelt zu erhalten. Vor allem die Kinder profitieren von seinen Erzählungen und Vorführungen.

Welches Gefühl verbinden Sie mit Dietzenbach?
Seit es das Kirchenbuch mit seinen Einträgen gibt, also seit dem Jahr 1582, ist nachvollziehbar, dass meine Familie in Dietzenbach sesshaft ist. Ich hänge an diesem Ort, ich bin hier groß geworden und verwurzelt. Es gibt immer noch Häuser, die ich von früher her kenne, manches hatte mit meiner Familie zu tun. Unsere Scheune habe ich als Kind mit aufgebaut. Die Steine haben wir Stück für Stück vom Rossmarkt in Frankfurt geholt. Unsere Enkelkinder sind beide in meinem Elternhaus in der Altstadt geboren worden und das ist schön.

Was beeindruckt Sie am meisten an der 800-jährigen Geschichte der Kreisstadt?
Schon dass irgendwann einmal Menschen begonnen haben hier zu siedeln, ist beeindruckend. Die Lage Dietzenbachs mit den drei höchsten Bergen im Kreis Offenbach, ist einmalig.
Gefallen finde ich beim Gedanken an das eiförmige Dorf, das Dietzenbach einmal war. Eine Vorstellung davon erhält man, wenn man das Altstadtmodell im Museum betrachtet. Damals hatte Dietzenbach ein Obertor, eine Mittelpforte und ein Untertor. Leider ist nichts mehr erhalten. Ich weiß aber, dass ein Teil unserer Scheune zu der alten Stadtmauer gehört hat.

Wenn Sie eine große Summe Geld zur Verfügung hätten, wo in der Stadt würden Sie diese investieren?
Ich würde Leute zusammentrommeln, die die Stadt wieder richtig saubermachen. Das kommt in den letzten Jahren etwas zu kurz. Früher gab es die Tradition: „Samstags wird die Gass‘ gekehrt“. Dabei haben wir so schöne Ecken und Anpflanzungen. Da wäre ein wenig mehr Pflege wünschenswert.

Was macht Dietzenbach zu der oft so genannten „jungen Stadt“?
Dietzenbach ist vielleicht ein junge Stadt, die aber nicht immer und in allem freudig zu betrachten ist. Sie ist schnell gewachsen, zeitweise sogar richtig explodiert, was ihr nicht immer gut getan hat. Schön ist, dass heute noch der landwirtschaftliche und handwerkliche Hintergrund des alten Dorfes spürbar ist und Kinder das wahrnehmen können. Aber ich merke, dass auch die jungen Leute an ihrer Stadt hängen. Es gibt viele Freizeitmöglichkeiten, Spiel- und Bolzplätze, Ausflugsziele und das Schwimmbad.

Wie sieht Dietzenbach in 50 Jahren aus?
Ich hoffe, dass die Stadt bis dahin nicht noch weiter zugebaut ist. Überhaupt kommt das gesamte Rhein-Main-Gebiet siedlungsmäßig so langsam an seine Grenzen. Ansonsten vertraue ich auf eine vernünftige Entwicklung, möglicherweise mit einem kritischen Blick auf die technischen Fortschritte und mit mehr Liebe zu den Menschen.

Wo entspannen Sie sich in Dietzenbach?
Ganz klar: in unserem Garten, auf einem Grundstück, das wir noch besitzen und in unserem Haus. Ich entspanne beim Arbeiten, kann aber auch einfach nur da sitzen.

LESchmedemann ©YvonneFitzenberger
LESchmedemann ©YvonneFitzenberger

Lisa Elli Schmedemann stammt aus einer alteingesessenen Dietzenbacher Familie. Die 25-Jährige interessiert sich von Kind an für die Historie des Ortes und hat in ihrer Arbeit als freie Journalistin schon manche Geschichte von früher bekannt gemacht.

Welches Gefühl verbinden Sie mit Dietzenbach?
Dietzenbach ist für mich der Inbegriff von Heimat. Egal von welcher Seite man in die Stadt hineinkommt, es ist immer der Kirchturm sichtbar. Da geht mir das Herz auf. Meine Familie ist seit dem 16. Jahrhundert in Dietzenbach angesiedelt. Ich habe kurz in Frankfurt und zwei Jahre lang in Offenbach gewohnt, aber ich habe mich nirgends so gefühlt wie hier. Ich habe nicht vor, wieder wegzugehen.

Was beeindruckt Sie am meisten an der 800-jährigen Geschichte der Kreisstadt?
Ich finde es großartig, wie die Stadt im Laufe der Zeit zusammengewachsen ist. Für meine Eltern war es noch normal, dass Steinberg und Dietzenbach zwei verschiedene Orte waren. Heute hat sich auch die neue Stadtmitte schön eingepasst. Trotzdem hat jedes Quartier seine eigene Identität. Auch das Zusammenkommen der vielen unterschiedlichen Kulturen schätze ich sehr. Es ist ein interessantes Leben.

Wenn Sie eine große Summe Geld zur Verfügung hätten, wo in der Stadt würden Sie diese investieren?
Ich würde das Geld in Veranstaltungen stecken. Die Kultur im Hessentagspark wieder beleben mit Musiksessions wie es früher mal war. Auch im Waldstadion lohnt es sich zu investieren. Dort arbeiten Leute mit hohem Engagement und es sollten wenigstens die Duschen instandgesetzt werden. Das Schwimmbad und der Open-Air-Kinobereich haben ebenso sehr viel Potenzial. Und dem Trinkbornfest trauern viele Dietzenbacher nach. Vielleicht könnte man auch das wieder ins Leben rufen.

Was macht Dietzenbach zu der oft so genannten „jungen Stadt“?
Ich weiß nicht, ob Dietzenbach tatsächlich eine „junge Stadt“ ist, manchmal erscheint sie mir eher pubertär. An manchen Stellen merkt man, dass sie zu schnell gewachsen ist. Jung war Dietzenbach früher schon, etwa mit seiner doch sehr aktiven Hausbesetzerszene. Auch heute gibt es eine „junge Szene“. Die ist allerdings, was Gastronomie und Veranstaltungen betrifft, noch ausbaufähig.

Wie sieht Dietzenbach in 50 Jahren aus?
Vielleicht fährt die S-Bahn dann endlich mal zuverlässig. Ansonsten wünsche ich mir eine bessere Infrastruktur, mehr Kitas und auch mehr Schulen. Die Ernst-Reuter-Schule sollte dann eine Oberstufe haben. Bestimmt ist Weinanbau wieder in größerem Maße möglich, vor allem angesichts des Klimawandels.

Wo entspannen Sie sich in Dietzenbach?
Ich bin am liebsten am Fuße des Wingertsberges. Ich gehe spazieren und genieße die Natur, auch gerne beim Joggen. An Silvester war ich oben auf dem Berg und habe den tollen Blick bis nach Frankfurt genossen. Meist ist das die erste Anlaufstation, wenn ich Besuch habe. Dann gucke ich über ganz Dietzenbach und stelle fest, dass ich an fast jeder Ecke eine Erinnerung festmachen kann.

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