Vom „Provisorium“ zu einem Kultur-, Wirtschafts- und Verwaltungszentrum mit hoher Lebensqualität für seine Bewohner
Dietzenbach hat bewegte Zeiten erlebt, bis es sich im Jahr 1970 die Stadtrechte sicherte. Mit den 1960er Jahren setzte ein starker Strukturwandel in der Gemeinde der Handwerker, Industriearbeiter und Nebenerwerbsbauern ein. Es folgten Jahre explosionsartigen Wachstums. Doch nach der Stadtwerdung begann ein Umdenken und eine Entwicklung, die den Fokus auf ein langsames Wachstum mit hoher Lebensqualität legte. Heute zählt die Stadt rund 35 000 Einwohner, davon stammt fast ein Drittel aus 100 verschiedenen Nationen. Sie wohnen an einem Ort, an dem man wohl zu leben weiß und genießen die Vielseitigkeit mit einem attraktiven, urbanen Zentrum, einem gepflegten Fachwerkkern und viel Grün drumherum.
DETLEV KINDEL hat als Mitarbeiter der städtischen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit das Stadtgeschehen mehr als 30 Jahre lang begleitet. Aufgenommen hatte er seine Aufgaben als „Stadtgeschichtsschreiber“ im November 1985. Da war es gerade 15 Jahre her, dass aus dem einstigen Dörfchen im Wiesengrund die Stadt Dietzenbach geworden war. Er erzählt:
Die „wilden Zeiten“ waren vorbei
„Vor meiner Einstellung bei der Stadt habe ich kaum etwas über Dietzenbach gewusst. Überraschend war das offene und entspannte Arbeitsklima in dem modernen, neun Jahre alten Rathaus, das gemeinsam mit dem Toom-Markt inmitten von Wiesen und Feldern im geplanten Stadtzentrum stand. Dietzenbach hatte damals rund 27.000 Einwohner und seine „wildesten“ Zeiten hinter sich, mit einer explosionsartigen Hochhausbebauung und Einwohnerzuwächsen von teilweise mehr als 2.000 Personen pro Jahr.
Unermüdliche Pionierarbeit
Dietzenbach war Mitte der 1980er Jahre eine aufregende Stadt, mit einer rot-grünen Verwaltungsspitze, innovativen Projekten und interessanten sozialen Einrichtungen. So gab es ein Kommunales Ausbildungszentrum und im Spessartviertel (damals Starkenburgring) ein Bewohnerzentrum. Als vierte Stadt in Hessen wählte Dietzenbach auf Wunsch der Stadtverordnetenversammlung einen Ausländerbeirat. Ein Umweltschutzbeauftragter wurde eingestellt, ein Umweltamt geschaffen, ebenso die Stelle einer Frauenbeauftragten. Die Dietzenbacher leisteten unermüdlich Pionierarbeit und übernahmen immer wieder eine Vorreiterrolle. Das zeigt sich noch heute, etwa bei der Flüchtlingskrise, in der Wirtschaftsförderung oder bei der Einrichtung eines Friedwaldes.
In der Boom-Ära auch der Vergangenheit gedacht
Im Jahr 1973, als Dietzenbach geradezu boomte, wurde mit dem Journalisten Wolf-Dieter Ladewig das Amt für Öffentlichkeitsarbeit geschaffen. In den Jahren 1981 bis 1986 baute er auch das Stadtarchiv auf, mit insgesamt 14 ungelernten Mitarbeitern der sogenannten Arbeitsbeschaffung.
Beziehungen und Kontakte intensiviert
Anlässlich des zehnjährigen Geburtstages der Städtepartnerschaft mit der französischen Stadt Vélizy-Villacoublay im April 1986 erstellten wir eine Broschüre zu den internationalen Beziehungen seit der Stadtwerdung. Dietzenbach war eine der ersten Städte, die seit 1985 eine Städtepartnerschaft mit Masaya in Nicaragua unterhielten, also mit einer Stadt aus der damals so bezeichneten „Dritten Welt“. Und ebenso eine Verschwisterung mit Rakovnik in der ehemaligen Tschechoslowakei einging. Diese Tradition der außergewöhnlichen Städtepartnerschaften wird bis heute fortgeführt: Neuhaus am Rennweg in Thüringen 1990, Oconomowoc in den USA 2008, Kostjukovitschi in Weißrussland 2009 und seit diesem Jahr die Verschwisterung mit der Millionenstadt Kunming in China. So haben sich Toleranz im Zusammenleben der Kulturen und die Weltoffenheit der Dietzenbacher in den vergangenen 50 Jahren zu einem „Markenzeichen“ für die Stadt entwickelt.
Reiches kulturelles und gesellschaftliches Leben
Als Gisela Rathert 1986 das Amt für Öffentlichkeitsarbeit übernahm, begann für mich eine interessante Zeit. In der zehnjährigen „Ära Rathert“ organisierten wir Kunstausstellungen, Ausstellungen zum Archiv und zur Stadtgeschichte, erstellten einen Foto-Bildband über Dietzenbach, luden zu Frühjahrsputzaktionen und führten Wettbewerbe durch. Das „Dietzenbacher Stadtmagazin“, erschien in 34 Ausgaben von 1990 bis 1996 und als „Highlight“ veröffentlichten wir die Dietzenbacher Chronik zur 775-Jahr-Feier.“